Der Feldweg - 3. Wegabschnitt

3. WEGABSCHNITT
Richtung Eichenwald

Vom Höllenstein geht es wieder zurück bis zur Wegkreuzung und rechts zum Parkplatz unterhalb der Burgruine. Wir kommen an einem kleinen Obstgarten vorbei und finden interessante Zwetschkenformen in seiner Umgebung. Am Parkplatz sehen wir neu ausgepflanzte Nuss- und Speierlingbäume.

Wer Lust auf eine längere Wanderung hat, kann vom Parkplatz weg dem blau markierten Wanderweg zum etwa 20 Gehminuten entfernten Grübelkreuz folgen. Der Weg führt an besonders eindrucksvollen Hecken vorbei in ein Eichenwaldgebiet. Vom Waldrand aus kann man die Burgruine aus einer ungewöhnlichen Perspektive betrachten.

Seichter Boden auf den Felsen

Wenn wir besonders aufmerksam durch die Kulturlandschaft gehen, können wir manchmal auch Dinge sehen und verstehen, die uns ansonsten verborgen bleiben. So zeigt uns etwa eine Stelle, wo beim Wegebau der Untergrund angeschnitten wurde, das, was sich normalerweise im Untergrund abspielt.

Der Boden ist einer der bestimmenden Faktoren im Leben der Pflanzen, und hier können wir einmal bequem anschauen und befühlen, wie Gestein, Boden und Pflanzenwurzeln zusammenwirken.

Wie wir bereits wissen, ist das Ausgangsgestein der Bodenbildung in Falkenstein Jurakalk. Der Kalk ist zwar spröde, aber hart und selbstverständlich in Wasser nicht löslich. Im Boden geschieht aber etwas Verblüffendes: Die Bodenlebewesen produzieren Kohlendioxid. Dieses ist in der „Bodenluft“, also in den Poren des Bodens, in wesentlich höherer Konzentration als in der Luft vorhanden. Sickert nun Regenwasser durch den Boden, verbindet es sich mit dem Kohlendioxid zu Kohlensäure. Diese schwache Säure kann jetzt den Kalk (Kalziumkarbonat CaCO3) in Kalziumhydrogenkarbonat umwandeln. Diese chemische Verbindung ist jetzt wasserlöslich. So wird der Kalk im Zuge der Bodenbildung langsam aufgelöst.

Zusätzlich sammelt sich organisches Material über dem Kalkgestein an, indem die Bodenlebewesen aus abgestorbenen Pflanzenteilen Humus aufbauen.

Betrachten wir unseren Boden von oben nach unten, sehen wir zunächst eine dunkle, krümelige, humushältige Schicht. Sie wird „A-Horizont“ genannt und liegt hier unmittelbar auf dem festen und hellen Kalkgestein. Einzelne kleinere Kalksteine mischen sich auch unter den A-Horizont. Im Vergleich zu mehreren Metern mächtigen Böden an günstigen Ackerstandorten ist dieser Boden äußerst seicht, d. h. das massive und unfruchtbare Ausgangsgestein (C-Horizont) liegt knapp unter der Oberfläche.

Die Leistung des Bodens für die Pflanzen liegt darin, Wasser und Nährstoffe zu speichern und bei Bedarf freizusetzen. Ein seichter Boden kann das viel schlechter erfüllen als ein tiefgründiger. Man kann sich leicht vorstellen, wie sehr Gräser und Sträucher in diesem Gebiet unter der Trockenheit zu leiden haben.

Die Bezeichnung für einen solchen flachgründigen, einfach aufgebauten Boden über Kalkfels ist Rendzina. Dieser Name wurde von polnischen Bauern kreiert und soll das Knirschen beschreiben, das man hört, wenn sich das Streichblech des Pfluges durch solche grus- und steinreiche Böden arbeitet.

PFLANZENPORTRAIT: Äpfel und Birnen

Äpfel und Birnen sind wohl die bekanntesten Obstarten Europas. Über diese Kulturen könnte man ganze Bücher schreiben, weshalb an dieser Stelle nur eher kurz einige botanische Aspekte dieser Arten behandelt werden sollen.

Die meisten Obstarten Europas sind Rosengewächse. Zur Unterfamilie des Kernobstes gehören neben Apfel und Birne noch die unbekannteren Obst- bzw. Wildobstarten Quitte, Speierling, Vogelbeere, Mehlbeere, Elsbeere, Felsenbirne, Mispel, Steinmispel und Weißdorn.

Holzäpfel kommen auch in den Wäldern des Weinviertels ab und zu vor. Die dornigen Bäume haben kleine Früchte, die in frischem Zustand herb und sauer schmecken. Die prähistorischen Menschen haben diese Äpfel vermutlich gegessen und zu Most verarbeitet. Unsere Kulturäpfel stammen jedoch nicht von dieser Baumart ab, sondern von verschiedenen Wildäpfeln Zentralasiens. In der Römerzeit stand die Apfelkultur im Mittelmeerraum in Blüte und gelangte auch nach Mitteleuropa. Die Züchtung von Apfelsorten („Pomologie“) erreichte im 19. Jahrhundert von Frankreich ausgehend ihren Höhepunkt. Die Apfelsorten werden über Zweige („Reiser“) vermehrt, die auf die Unterlagen (Apfelsämlinge oder eigens gezüchtete „Typenunterlagen“) aufgepfropft werden. Die Unterlage bestimmt die Baumform: Hochstamm, Mittelstamm oder niedrige Erziehungsformen.

Bei den Birnen gibt es mindestens zwei verschiedene Wildformen im Osten Österreichs: Die Holzbirne mit dornigen Zweigen und kleinen, harten Früchten ist eine der Stammformen der süßfruchtigen Tafelbirnen, zu der aber auch mehrere asiatische Wildbirnenarten ihren Beitrag leisteten. Von der meist dornenlosen Schneebirne mit unterseits behaarten Blättern dürften die herb-säuerlichen Mostbirnen zumindest teilweise abstammen.

Im Gebiet des Kaukasus gibt es riesige Obstwälder mit allen Zwischenstufen der Kulturwerdung, die damit beginnt, dass gut fruchtende Wildbirnen und -äpfel freigestellt werden. Hoch entwickelt war die Birnenkultur im antiken Griechenland. Als Unterlage für die Kulturbirnen dienen Birnensämlinge oder Quitten. Tafelbirnen sind ein klimatisch sehr anspruchsvolles Obst.

KULINARISCHER TIPP: Holzbirnen

Die Früchte der Holzbirnen und anderer kleinfrüchtiger Birnenwildlinge sind verblüffenderweise durchaus essbar – allerdings erst im Herbst, wenn sie braun, weich und unansehnlich werden. Das nur so nebenbei für besonders hungrige Wanderer ...

PFLANZENPORTRAIT: Zwetschken, Schlehen & Co.

Das Steinobst scheint manchmal ein wenig in Vergessenheit zu geraten. Gerade bei der kleinfrüchtigen Pflaumen-Verwandtschaft ist es erstaunlich, wie wenig Fachliteratur es eigentlich gibt und wie wenig die erstaunliche Formenfülle überhaupt erforscht ist. Wer zum Zwetschkenforscher werden will, kann gleich einmal damit beginnen, sich durch die vielfältigen Bestände in der Falkensteiner Kulturlandschaft durchzukosten. Die richtige Zeit dafür ist der September. Die Beschreibungen sollen nur ein paar typische Formen aufzeigen, damit man merkt, wie groß die Vielfalt ist. Wie gesagt, vieles ist unklar oder zumindest reichlich kompliziert in dieser Artengruppe, und wer sich intensiver damit beschäftigt, wird bald sehen, dass nicht jede Zwetschke so eindeutig zuordenbar ist.

Schlehen sind die kleinen wilden Geschwister der Zwetschken. Die niedrigen Sträucher bilden reichlich Wurzelschösslinge, zahlreiche Dornen, kleine Blätter und kleine runde Früchte mit einem runden Kern. Sie schmecken erst nach dem ersten Frost gut und sind an Waldrändern und in Hecken in Mitteleuropa und in den Waldsteppen Osteuropas verbreitet. Die Schlehenblüte im zeitigen Frühjahr ist ein Erlebnis!

Kulturschlehen sind Relikte alter Züchtungen mit größeren Früchten, die aufgrund des niedrigeren Gerbstoffgehaltes auch schon im Spätsommer gegessen werden können, aber ansonsten noch ziemlich den Wildschlehen ähneln.

Kuchelzwetschken oder Rundzwetschken stellen eine spezielle Zwetschkenform des Weinviertels und Südmährens dar. Sie haben besonders große Blätter, Fruchtfleisch, das sich schlecht vom Kern löst, und einen Steinkern mit geschwungener Bauch- und asymmetrischer Rückenlinie. Traditionellerweise wurden diese Zwetschken für die Powidlerzeugung verwendet. Von ihnen stammen auch großfrüchtige, frühreife, kernlösende Pflaumenformen ab.

Hauszwetschken sind deutlich langgestreckte Zwetschken mit einem stark zusammengedrückten Kern und mit fast gerader Rücken- und geschwungener Bauchlinie. Das Fruchtfleisch lässt sich bei den Hauszwetschken leicht vom Kern lösen. Ein Falkensteiner Pfarrer früherer Zeiten züchtete aus diesem Formenkreis eine eigene Zwetschkensorte, die „Falkensteiner Hauszwetschke“.

Haus- und Kuchelzwetschken können schöne Einzelstämme ausbilden, aber auch mit Wurzeltrieben verwildern. Dornen werden nur nach radikalem Rückschnitt gebildet.

Eine richtige Wildform der Zwetschken ist nicht bekannt. Vermutlich dürften sie von den Schlehen und den Kirschpflaumen abstammen. Letztere sind auch als Marillenunterlagen in Verwendung, verwildern gelegentlich, haben gelbe Früchte und werden auch „Falsche Kriecherl“ genannt.

„Echte Kriecherl“ sind im Gegensatz dazu alte Kulturformen im ziemlich schwer durchschaubaren Übergangsbereich zwischen Schlehen und Zwetschken. Sie haben kleine, meistens blaue und gut vom Kern lösende Früchte. „Kriecherlblau“ ist im Weinviertel jemand, der allzu viel Alkoholisches getrunken hat, das nicht unbedingt aus Kriecherln hergestellt gewesen sein muss ...

Überblick über Kirschen und Weichseln

Einen sommerlichen Spaziergang kann man einmal dazu nutzen, sich einen Überblick über das zu diesem Zeitpunkt reifende Steinobst zu verschaffen:

  • ·         Sträucher oder kleinere Bäume mit rundlich-eiförmigen Blättern und schwarzen Früchten mit dünnschichtigem, bitterem Fruchtfleisch: Steinweichsel
    weitere Informationen zu dieser in Falkenstein relativ häufigen Art finden Sie weiter hinten in dieser Broschüre
  • ·         niedrige Sträucher mit kleinen, länglichen Blättern und dunkelroten, in vollreifem Zustand wohlschmeckend süß-sauren Früchten: Zwergweichsel
    Strauchart der osteuropäischen Steppengebüsche mit einzelnen Vorkommen in Mitteleuropa
  • ·         Sträucher oder kleinere Bäume mit länglichen bis ovalen Blättern und hell- bis schwarzroten, säuerlichen Früchten: Kulturweichsel
    zahlreiche Kulturformen, manche mit aufrechten (Amarellen, Süßweichseln, …), andere mit überhängenden Zweigen (Schattenmorelle, …)
  • ·         mittelgroße Bäume mit breiter Krone, mittelgroßen, länglichen bis ovalen Blättern und schwarzen, dünnfleischigen, wenig saftigen, bittersüßen Früchten: Vogelkirsche
  • ·         große Bäume mit breiter Krone, sehr großen Blättern und großen, dickfleischigen, nicht bitteren Früchten: Kulturkirsche
    zahlreiche Kulturformen:
    harte, wenig saftige, schwarzrote oder weiße Früchte: Knorpelkirsche
    weiche, saftige, meist schwarzrote Früchte: Herzkirsche

PFLANZENPORTRAIT: Walnuss

Die im Weinviertel sehr beliebten Nussbäume werden recht groß und haben zunächst eine glatte, im Alter eine rissige Borke. Richtig alte Bäume sind jedoch selten, weil immer wieder kalte Winter die Weinviertler Nussbaumbestände reduzieren. Die Walnussblätter verströmen beim Zerreiben einen aromatischen Duft. Seit der Römerzeit werden sie kultiviert und verwildern auch häufig. Deshalb ist es unsicher, ob die Steinnüsse der mitteleuropäischen Auwälder Wildformen oder Verwilderungen der Kulturpflanze darstellen. Zwischen diesen kleinen und fast nicht zu knackenden Nussformen und den großen Papiernüssen stehen die vielfältigen und meistens geschmacksintensiven Bauernnüsse, die über Samen vermehrt werden, und auch einige Kultursorten zum Veredeln.

Sicher einheimisch ist die Walnuss in Schluchtwäldern der Balkanhalbinsel und im Südwesten Asiens. In Südeuropa werden Nussbäume 300 bis 400 Jahre alt. Bemerkenswert ist der späte Laubaustrieb.

Früher wurde das Nussbaumholz als Schaftholz für Armbrüste und Gewehre verwendet. Heute ist es in der Möbel- und Kunsttischlerei sehr geschätzt. Eine fast vergessene Verwendungsmöglichkeit besteht für die Fruchtschalen, mit denen man unter Zusatz von Alaun Wolle braun färben kann.

KULINARISCHER TIPP: Nusslikör

Wer zu viel von den Zwetschken und Schlehen gekostet hat, kann vielleicht einen Weinviertler Nusslikör vertragen. Für diesen Magenbitter werden unreife Nüsse mit den Schalen in Schnaps eingelegt.

PFLANZENPORTRAIT: Speierling

Diese Wildobstart ist vermutlich die seltenste Waldbaumart des Weinviertels. Derzeit können wir sie Ihnen nur in Form einer jungen Pflanzung am Parkplatz unterhalb der Burgruine zeigen.

Der Speierling hat gefiederte Blätter und Früchte von Form und Größe einer Mostbirne. Die Früchte sind zunächst hart und bitter, werden aber nach Frosteinwirkung genießbar. Verwendungsmöglichkeiten für die reifen Früchte bestehen außer im Frischverzehr auch in der Zubereitung von Marmelade, Kompott oder Schnaps. Der Saft unreifer Früchte des Speierlings wird in Teilen Deutschlands dem Apfelmost zu dessen Klärung zugesetzt. Unreife Speierlingfrüchte können wegen des Gerbstoffgehaltes auch als Mittel gegen Durchfall verwendet werden, worauf auch die Bezeichnung „Ruhrbirn“ zurückgeht. Speierlingholz gilt unter Kennern als besonders fest und dauerhaft, ist aber wegen der Seltenheit des Baumes ziemlich unbekannt.

Die Verbreitung des Speierlings umfasst die Bergwälder des Mittelmeerraumes, Frankreich, Teile Deutschlands, den Karpatenbogen, die Krim und die türkische Schwarzmeerküste. In Mitteleuropa kommt er in lichten Wäldern an sonnigen Standorten vor. Lange Zeit wurde der lichtliebende Waldbaum durch die Waldweide begünstigt. Die Kultur im Mittelmeerraum ist sehr alt und schon aus dem 4. Jahrhundert vor Christus beschrieben.

EIN KLEINER INVESTMENT-TIPP ZWISCHENDURCH:

Kaufen Sie sich ein paar Speierlingbäumchen als langfristige Geldanlage! Ihre Kinder und Enkelkinder werden einmal teuren Speierling-Schnaps verkaufen können.